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Eine Einführung in den Glauben und die Lebenspraxis der Quäker
Contents
- Einleitung
- 1. Grundlagen des Quäkerrglaubens
- 2. Zusammenkünfte der Quäker
- 3. Quäker Zeugnisse
- 4. QuäkerStrukturen
- 5. Weltfamilie der Freunde
- 6. Leben und Entwicklung von Kleinen Andachtsgruppen
- 7. Literratur
3. Quäker Zeugnisse
Das Wort Zeugnis wird von Freunden gebraucht, um eine Wahrheit im menschlichen Herzen zu beschreiben, wie sie im Alltag ausgelebt wird. Dabei handelt es sich nicht um blosse Worte sondern um eine Lebensweise. Sie stützt sich auf die Erkenntnis, dass in jedem Menschen „dasjenige von Gott“ ist, dass alle Menschen vor Gott gleichwertig und alles Lebendige untereinander verbunden ist. Quäker Zeugnisse sind positive Aussagen, die aber unter Umständen zu Handlungen führen können, welche gegen gesellschaftlich anerkannte Verhaltensweisen verstossen. Sie sind Ausdruck von gemeinsamen Vorstellungen der religiösen Gesellschaft der Freunde, auch wenn einzelne Freunde sie – entsprechend ihrem eigenen Inneren Licht – verschieden interpretieren. Sie sind nicht wünschbare „Extras“ sondern Früchte, die am Baum des Glaubens wachsen. Zu den grundsätzlichen Quäker Zeugnissen gehören: Wahrheit, Gleichwertigkeit, Frieden, Einfachheit und Gemeinschaft.
Wahrheit
Wahrheit ist ein komplexer Begriff. Manchmal wird er für Gott eingesetzt, manchmal für eine Überzeugung, die aus der Andacht herauswächst und manchmal für eine Lebensweise. Es war der Gehorsam gegenüber ihrem Verständnis der Wahrheit, der die frühen Freunde dazu veranlasste, so zu handeln, dass es andere als eigenartig oder sogar provokativ empfanden. Um die Wahrheit zu bezeugen hielten die frühen Quäker öffentliche Andachten, wie auch immer die Strafe dafür aussah. Als Folge ihrer Predigten kamen viele ins Gefängnis. Das Anliegen der Wahrhaftigkeit führte sie vom ersten Tag an dazu, einen Eid zu verweigern. Für sie bedeutete der Eid, dass es zwei Ebenen von Wahrhaftigkeit gibt, doch sie glaubten, dass man immer die Wahrheit sagen müsse. Weil Margaret Fell einen Loyalitätseid auf den König verweigerte, wurde sie ins Gefängnis geworfen und verlor ihr ganzes Vermögen.
Gleichwertigkeit Wenn Gott für alle Personen direkt zugänglich ist, und zwar unabhängig von Alter, Geschlecht, Rasse, Nationalität, Ausbildung, ökonomischem und gesellschaftlichem Status, wenn jede Person gleichermassen in Gottes Liebe steht und über das gleiche Potential verfügt, Offenbarungen von Gottes Wahrheit zu erkennen, dann gebührt allen Menschen die gleiche Hochachtung. In jedem Menschen ist jener “Same“, jenes „Licht“ oder „das von Gott“. Für die Freunde bedeutete diese Einsicht von Anfang an Gleichwertigkeit der Geschlechter und der Rassen. In ihr war für England und die englischen Kolonien auch die Forderung enthalten, den mit Reichtum oder Stand begründeten Privilegien ein Ende zu setzen. In Japan und Kenia etablierten die Quäker Mädchenschulen, weil Frauen in den bestehenden Kulturen wie ein Eigentum im Haushalt behandelt wurden. Der Gedanke der Gleichwertigkeit war auch die Grundlage für die Verwerfung der Sklaverei und der Todesstrafe.
Frieden
Das Friedenszeugnis basiert auf dem oben genannten Verständnis des Wesens von Gott und dem Menschen. Wie kann man ein anderes Kind Gottes umbringen, möglicherweise ein Vermittler von Wahrheit, auch wenn es zur Zeit irregeführt ist. Dieses Zeugnis hat dazu geführt, dass die Freunde jeden Krieg und jede Kriegsvorbereitung ablehnen. Zur Zeit der amerikanischen Revolution wurden vielen Freunden die Mitgliedschaft entzogen, weil sie bei Militäraktionen mitgewirkt hatten. Später setzten sich Freunde, die zum Militär rekrutiert werden sollten, für die Dienstverweigerung aus Gewissensgründen ein. Heute arbeiten einige Freunde daran, dass auch ihre Steuern nicht mehr für militärische Zwecke eingesetzt werden.
Das Friedenszeugnis führte zu Anstrengungen, um die Leiden von Kriegsopfern aller Seiten zu lindern. Es bedeutet auch sich dafür einzusetzen, dass Versöhnungsbemühungen zwischen streitenden Menschen oder Nationen stattfinden. Es beinhaltet zudem ein dauerndes Suchen nach gewaltfreien Methoden der Konfliktlösung z.B. durch Rechtssetzung in Form von internationalen Verträgen oder durch Organisationen wie die Europäische Union oder die Vereinigten Nationen. Es bezweckt auch ein dauerndes Bemühen um Frieden und soziale Gerechtigkeit mit Hilfe gewaltloser Techniken der Mediation von Einzelpersonen oder Gruppen. Der Quaker Council for European Affairs (QCEA) in Brüssel und die Quaker United Nations Offices (QUNOs) in Genf und New York bringen die Ansichten der Quäker in Machtzentren ein, in denen politische, ökonomische und militärische Entscheidungen mit Wirkung auf die ganze Welt gefällt werden.
Einfachheit
Die Freunde sind überzeugt, dass die Welt viele Ablenkungen von der Wahrheit anbietet, z.B. das Streben nach Reichtum, Macht oder Vergnügen, die Übertreibungen in Sprache, Mode oder Verhalten und übermässige Geschäftigkeit – sogar, wenn sie für eine gute Sache ist. Gewöhnlich wird die Wahrheit im stillen und ungestörten Warten auf innere Führung gefunden und in der demütigen Einfachheit eines Geistes, der erkennt, dass letztlich Gott für unsere Welt die Sorge trägt und nicht wir selber.
Das Zeugnis der Einfachheit strebt deshalb danach, unsere Aufmerksamkeit auf das zu richten, was essentiell und ewig ist und Ablenkung durch Vergängliches und Triviales zu vermeiden. Eine einfache und ehrliche Sprache ist Ausdruck von Einfachheit. Respekt für Gottes Schöpfung und daraus abgeleitet Sorge für die Umwelt sowie der richtige Gebrauch der Ressourcen dieser Welt sind augenfällige Ausdrucksformen des Zeugnisses. Ein Wirtschaftswachstum, welches auf Extravaganz, Verschwendung und künstlich induzierten Bedürfnissen beruht, wird grundsätzlich als Verletzung des Zeugnisses der Einfachheit betrachtet.
Gemeinschaft
Als gleich geliebte Kinder von Gott sind alle menschlichen Wesen Brüder und Schwestern, eine menschliche Familie, wie gross auch die Unterschiede in Erfahrung, Kultur, Alter, und Weltanschauung sein mögen. Die Freunde haben erfahren, dass das Licht versammelte Gruppen wie einzelne Menschen erleuchten und zu einer Gemeinschaft in Glauben, Gewissen und Erfahrung verbinden kann. Freunde betrachten es als ihre Aufgabe, eine weite Gemeinschaft über unsere ganze Welt zu bilden, indem sie gegenseitig das“ göttliche Potential“, den „Samen“, den „inneren Christus“ und das „Innere Licht“ wahrnehmen und sich darin bekräftigen. Wir müssen lernen, miteinander umzugehen, indem wir das Beste, das wir an einander finden, bekräftigen und unterstützen. George Fox sagte es so: „Wir müssen auf das von Gott in jedem Menschen eintreten“ („..answering that of God in everyone“). Die Freunde glauben, dass sie in einer solchen Gemeinschaft ihre Erfahrung, die Herrschaft, das Erbarmen und die Liebe Gottes bezeugen.